Adressatenkreis: Betreiber von Feuerungsanlagen i. S. d. 13. und 44. BImSchV
Im Rahmen des am 11. Juli 2022 verkündeten „Gesetzes zur Bereithaltung von Ersatzkraftwerken zur Reduzierung des Gasverbrauchs im Stromsektor im Fall einer drohenden Gasmangellage durch Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes und weiterer energiewirtschaftlicher Vorschriften“ kommt es u. a. zu Änderungen im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) betreffend Feuerungsanlagen i. S. d. 13. (Großfeuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen ab 50 MW) und 44. BImSchV (mittelgroße Feuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen ab 1 MV). Die Änderungen sind am 12. Juli 2022 in Kraft getreten.
Das BImSchG wird durch einen vierten Abschnitt mit dem Titel „Brennstoffwechsel bei Mangellage“ erweitert. Der neue Abschnitt enthält die §§ 31a bis 31d und dient der nationalen Umsetzung der Ausnahmeregelungen betreffend Emissionsgrenzwerte und Brennstoffwechsel für entsprechende Feuerungsanlagen aus der Industrie-Emissionsrichtlinie (RL 2010/75/EU) und der MCP-Richtlinie (RL (EU) 2015/2193).
Hintergrund: In Anbetracht des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der damit verbundenen Verschlechterung der Versorgungslage mit Gas, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) am 23. Juni 2022 die Alarmstufe des „Notfallplans Gas für die Bundesrepublik Deutschland“ ausgerufen. Diese ist die zweite von drei Stufen des Notfallplans und folgt auf die Frühwarnstufe. Innerhalb der Ende März ausgerufenen Frühwarnstufe wurden von einem Krisenteam, bestehend aus Behörden und Energieversorgern, marktbasierte Maßnahmen zur Gewährleistung der Gasversorgung entwickelt und angewandt. Während der derzeitigen Alarmstufe ist die Bundesregierung dazu ermächtigt, zusätzlich entlastend einzugreifen. Ziel ist vor allem Unternehmen der Gasversorgungskette bei erheblichen Preisanstiegen durch bestimmte weiterführende Maßnahmen zu helfen zahlungsfähig zu bleiben. Die Bundesregierung kann u. a. ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnungen Regelungen zur Verringerung oder zum vollständigen Ausschluss der Erzeugung elektrischer Energie durch den Einsatz von Erdgas erlassen. Diese Regelungen haben einen max. Geltungszeitraum von sechs Monaten.
Auf dieser Grundlage wurden die Ausnahmeregelungen bezüglich des Brennstoffwechsels bei Mangellage für Feuerungsanlagen i. S. d. 13. Und 44. BImSchV im BImSchG national umgesetzt. Ziel ist befürchteten Erdgas-Engpässen durch einen temporären Brennstoffwechsel verbunden mit flexiblen Emissionsgrenzwerten für Schwefeldioxid entgegenwirken, und den weiteren Fortbetrieb solcher Anlagen zu gewährleisten.
Neben Heizöl zählt Erdgas zum Hauptbrennstoff für mittelgroße und große Feuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen. Es zählt zudem zu den schwefelarmen Brennstoffen. Üblicherweise ist im Zusammenhang mit der Anlagengenehmigung auch die Brennstoffart in Verbindung mit Emissionsgrenzwerten, bspw. für Schwefeldioxid, festgelegt.
Mit dem neuen Abschnitt 4 im BImSchG werden Ausnahmeregelungen für Emissionsgrenzwerte für Schwefeldioxid (§ 31a) von Anlagen i. S. d. 13. BImSchV getroffen. Ebenso in Bezug auf den Einsatz anderer Energieträger als gasförmige Brennstoffe (§ 31b). Die zuständige Behörde kann für max. sechs Monate eine Abweichung von den vorgegebenen Emissionsgrenzwerten für Schwefeldioxid zulassen, wenn aufgrund einer Mangellage kein schwefelarmer Brennstoff eingesetzt werden kann und die Emissionsgrenzwerte nicht einhaltbar wären (vgl. § 31a). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit auf Antrag bei der zuständigen Behörde für max. 10 Tage, in Härtefällen ggfs. länger, den Einsatz eines anderen Energieträgers betroffenen Anlagen einzusetzen. Vorausgesetzt es kommt zu einer plötzlichen Unterbrechung der Gasversorgung. Die Pflicht zur Einhaltung möglicherweise geltender Emissionsgrenzwerte und die Einrichtung einer Abgasreinigungsanlage entfallen dann (vgl. § 31b). In beiden Fällen muss umgehend eine entsprechende Zulassung von der zuständigen Behörde eingeholt werden. Diese hat die Zulassung unverzüglich dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV), zur Weiterleitung an die Europäische Kommission, zuzuleiten.
Ausnahmeregelungen hinsichtlich der Emissionsgrenzwerte für Schwefeldioxid und für den Einsatz anderer Energieträger als gasförmiger Brennstoffe in mittelgroßen Feuerungsanlagen i. S. d. 44. BImSchV werden in den §§ 31c und 31d umgesetzt. Im Falle einer Mangellage und der plötzlichen Unterbrechung der Versorgung mit einem schwefelarmen Brennstoff, ist eine Abweichung von den grundsätzlich geltenden Emissionsgrenzwerten für max. sechs Monate möglich (vgl. § 31c). Auch der Einsatz anderer Energieträger als gasförmiger Brennstoffe in entsprechenden Feuerungsanlagen ist unter diesen Bedingungen erlaubt. Hier gelten die Ausnahmeregelungen ebenfalls für eine max. Zeitspanne von 10 Tagen und in Härtefällen ggfs. länger. Mögliche Emissionsgrenzwerte müssen dann ebenfalls nicht eingehalten werden und die Pflicht zur Einrichtung einer sekundären Emissionsminderungsvorrichtung entfällt. Auch in diesen beiden Fällen ist eine Zulassung bei der zuständigen Behörde durch die Betreiber sofort einzuholen, welche von dieser an das BMUV weitergetragen werden muss. Das BMUV ist für die Weiterleitung an die Europäische Kommission zuständig.
Die vorgenannten Ausnahmeregelungen der §§ 31c und 31d könnten für eine Vielzahl von Anlagenbetreibern eine wichtige Rolle spielen. Viele Anlagen zur Gewinnung elektrischer Energie und Wärme, bspw. Blockheizkraftwerke, überschreiten die Schwelle der Feuerungswärmeleistung von 1 MW und werden hauptsächlich mit Gas betrieben.
Betreiber von Feuerungsanlagen im Sinne der 13. und 44. BImSchV sollten sich präventiv auf eine Unterbrechung der Gasversorgung vorbereiten und prüfen, welche Ausnahmeregelungen im Falle für sie anwendbar sind.
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Ute Wiese
Dipl.-Ing., CertLex AG
Tel.: +49 (0)40 360 97 19-14
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Frau Wiese ist Diplom-Ingenieurin für Umweltplanung und Fachkraft für Arbeitssicherheit. Sie ist seit 2013 für die CertLex AG tätig und berät u. a. zu den Themen Wasserrecht und Arbeitsschutz. Des Weiteren ist Frau Wiese als AwSV-Sachverständige Ansprechpartnerin für Fragen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen.