Adressatenkreis: Betreiber von Gasspeicheranlagen und Marktgebietsverantwortliche gem. § 3 Nr. 26a EnWG

Am 30. April 2022 ist das „Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) zur Einführung von Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen“ in Kraft getreten. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs und der damit verbundenen Versorgungsunsicherheit wurden Betreiber von Gasspeicheranlagen dazu verpflichtet, ihre Speicher schrittweise zu bestimmten Stichtagen mit einem vorgegebenen Prozentsatz zu befüllen.

Hintergrund: Deutschland besitzt das größte Erdgasspeichervolumen der Europäischen Union und in den letzten Jahren kam es zu keinerlei Versorgungsengpässen. In der Vergangenheit erfolgte die Befüllung der Speicher daher marktgetrieben. Gashändler lagerten im Sommer Gas ein und vertrieben es zu höheren Preisen im Winter. Im letzten Winter sanken die Gasspeicherfüllstände jedoch auf das niedrigste Niveau seit 15 Jahren. Davon waren insbesondere die Gasspeicher von Gazprom betroffen. Dies ist vor allem auf den Krieg in der Ukraine und die Abhängigkeit der EU-Staaten von russischem Gas zurückzuführen. Im vergangenen Jahr bezog Deutschland rund 55 Prozent des Gases aus Russland. Ausreichende Gasfüllstände sind gerade für die Wintermonate essentiell, um eine Versorgungssicherheit in dieser Zeit zu gewährleisten und um Nachfragespitzen und massive Preishöhen am Spotmarkt zu vermeiden.

Die Änderung des EnWG zielt darauf ab, einer Unterversorgung des Gasmarktes und daraus resultierenden Preiserhöhungen bzw. Preisspitzen entgegenzuwirken. So wird ein neuer Teil 3a im EnWG eingeführt, welcher sich an die Marktgebietsverantwortlichen richtet, aber auch Pflichten für Betreiber von Gasspeicheranlagen beinhaltet. Marktgebietsverantwortliche werden in den Begriffsbestimmungen (§ 3 Nr. 26a EnWG) neu definiert, als von den Fernleitungsnetzbetreibern beauftragte ausführende natürliche oder juristische Personen, die Aufgaben des Netzbetriebs wahrnehmen. In dem neuen Teil 3a geht es um die Erfüllung von Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen. Die dort enthaltenen Paragraphen 35a bis 35g EnWG beinhalten verpflichtende Regelungen für die Marktgebietsverantwortlichen bzw. Betreiber von Gasspeicheranlagen zu bestimmten Stichtagen vorgegebene Füllstände vorzuhalten:

  • am 1. Oktober 80 Prozent
  • am 1. November 90 Prozent
  • am 1. Februar 40 Prozent

Betreiber von Gasspeicheranlagen müssen bereits am 1. August eines Kalenderjahres einen Füllstand nachweisen, der darlegt, dass das Erreichen der Füllstandsvorgaben garantiert ist. Dieser Nachweis muss beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), der Bundesnetzagentur (BNetzA) und dem Marktgebietsverantwortlichen schriftlich oder elektronisch erbracht werden. In § 35b EnWG werden nähere Angaben bezüglich des Nachweises geregelt sowie der Umgang mit nicht genutzten Speicherkapazitäten. Um eine Versorgungssicherheit mit Gas zu gewährleisten, muss der Marktgebietsverantwortliche nach Zustimmung des BMWK im Einvernehmen mit der BNetzA mittels marktbasierten, transparenten öffentlichen Ausschreibungsverfahren Gas-Optionen vorweisen, die das Erreichen der Füllstände garantieren. Sollte es trotzdem zum nicht Erreichen der Füllstände kommen, muss der Marktgebietsverantwortliche weitere erforderliche Maßnahmen ergreifen, wie bspw. weitere kurzfristige Ausschreibungen von Gas-Optionen oder das kostengünstige Buchen nötiger Speicherkapazitäten. Ebenso sind Freigabeentscheide durch das BMWK und die BNetzA möglich. Regelungen hierzu werden in § 35d getroffen. Die Kosten, die dem Marktgebietsverantwortlichen durch die Sicherstellung der Versorgung mit Gas entstehen, werden diskriminierungsfrei und in transparenten Verfahren auf die Bilanzkreisverantwortlichen im Marktgebiet umgelegt. Somit ist der Marktgebietsverantwortliche dazu berechtigt, entsprechende Gelder zur Deckung der Kosten von den Bilanzkreisverantwortlichen mittels Abschlagszahlungen einzufordern.

Das BMWK will bis zum 15. Dezember 2022 die Umsetzung der Vorschriften bewerten und bis zum 1. April 2023 die Auswirkungen dieser evaluieren. Die Regelungen bezüglich der Füllstandsvorgaben von Gasspeicheranlagen im EnWG treten am 1. April 2025 wieder außer Kraft.

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Florian Riedig

Florian Riedig

Diplom-Ökonom
Leiter Produktentwicklung, CertLex AG

Tel.: +49 (0)40 360 97 19 12
E-Mail: riedig@certlex.de

Herr Riedig ist interner Umweltauditor und Energieauditor und berät Unternehmen bei der Umsetzung von Management- und Complianceprozessen, insbesondere in den Gebieten betrieblicher Umwelt-, Arbeitsschutz sowie Energierecht.

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