Am 25. Juli 2024 ist die EU-Lieferkettenrichtlinie (Richtlinie (EU) 2024/1760, CSDDD) in Kraft getreten. Sie schafft den rechtlichen Rahmen für bestimmte Sorgfaltspflichten von großen europäischen Unternehmen und Unternehmen aus Drittstaaten sowie ihren Tochterunternehmen bezüglich tatsächlicher und potenzieller negativer Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt im Zusammenhang mit ihrer eigenen Geschäftstätigkeit. Die CSDDD erfasst dabei auch Geschäftstätigkeiten, die von Geschäftspartnern in den Aktivitätsketten dieser Unternehmen ausgeführt werden. Zudem enthält sie Vorschriften, die Unternehmen zur Annahme und Umsetzung eines Übergangsplans zur Minderung der Folgen des Klimawandels verpflichten.
Geltungsbereich und Umsetzung: Die EU-Lieferkettenrichtlinie muss von den Mitgliedsstaaten spätestes bis zum 26. Juli 2026 durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften in nationales Recht umgesetzt werden. In Deutschland wird dies durch eine Anpassung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) erfolgen. Der Geltungsbereich ist auf EU-Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern und mehr als 450 Millionen Euro weltweitem Jahresnettoumsatz begrenzt und sieht eine Staffelung in Bezug auf die Anwendung vor. Die Mitgliedstaaten müssen gemäß Artikel 37, die aus der CSDDD umgesetzten Maßnahmen
- ab dem 26.07.2027 auf EU-Unternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitern und mehr als 1,5 Milliarden Euro weltweitem Jahresnettoumsatz,
- ab dem 26.07.2028 auf EU-Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern und mehr als 900 Millionen Euro weltweitem Jahresnettoumsatz und
- ab dem 26.07.2029 auf EU-Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern und mehr als 450 Millionen Euro weltweitem Jahresnettoumsatz anwenden.
Für Unternehmen, die in einem Drittstaat gegründet wurden, hängt die Staffelung der Anwendung gemäß Artikel 37 ausschließlich vom in der EU erzielten Jahresnettoumsatz ab (ab 450 Millionen Euro), unabhängig von der Mitarbeiterzahl.
Sorgfaltspflichten: Unternehmen im Anwendungsbereich der CSDDD müssen folgende risikobasierte Sorgfaltspflichten zur Ermittlung und Bewältigung negativer Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt erfüllen:
- Einbeziehung der Sorgfaltspflichten in die Unternehmenspolitik und die Risikomanagementsysteme (Artikel 7)
- Ermittlung und Bewertung tatsächlicher und potenzieller negativer Auswirkungen (Artikel 8) und Priorisierung dieser (Artikel 9)
- Verhinderung und Minderung potenzieller negativer Auswirkungen (Artikel 10) und Behebung tatsächlicher negativer Auswirkungen (Artikel 11)
- Abhilfemaßnahmen für tatsächliche negative Auswirkungen (Artikel 12)
- Sinnvolle Einbeziehung von Interessenträgern (u. a. Betroffene und andere Steakholder, Artikel 13)
- Einrichtung eines Meldemechanismus und Beschwerdeverfahrens (Artikel 14)
- Überwachung bzw. Monitoring und Bewertung der Wirksamkeit der Maßnahmen (Artikel 15)
- Öffentliche Kommunikation (jährliche Erklärung auf Website) über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten (Unternehmen, die den Anforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung der CSRD unterliegen, sind von der Pflicht ausgenommen, Artikel 16)
Ein paar wesentliche Punkte, die über das LkSG hinausgehen: Hier sind vor allem die Regelungen zur zivilrechtlichen Haftung zu nennen. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass Unternehmen in bestimmten Fällen für Schäden, die durch vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung der Sorgfaltspflicht entstehen, haftbar gemacht werden und müssen Geschädigte vollständig entschädigen (Artikel 29). Finanzielle Sanktionen können gemäß Artikel 27 bis zu 5 % des weltweiten Nettoumsatzes von Unternehmen betragen.
Unternehmen müssen einen Plan zur Minderung der Folgen des Klimawandels annehmen und umsetzen. Mit diesem Plan soll gewährleistet werden, dass die Unternehmen das Möglichste tun, um ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit dem Übergang hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft und der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C in Einklang zu bringen. Zudem müssen Klimazwischenziele und das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 angegeben werden. Falls erforderlich, muss der Plan auch Angaben über die Beteiligung von Unternehmen an Tätigkeiten, die in Verbindung mit Kohle, Öl und Gas stehen, enthalten. Bei Unternehmen, die einen Klimaplan im Einklang mit der CSRD vorlegen, wird davon ausgegangen, dass die Anforderungen an den vorgenannten Plan nach der CSDDD erfüllt sind. Somit entfällt diese Pflicht für entsprechende Unternehmen (Artikel 22).
Die umweltbezogenen Sorgfaltspflichten aus dem LkSG gelten weiter, wurden jedoch geringfügig erweitert. Die CSDDD nimmt hier Bezug auf Pflichten aus anderen internationalen Übereinkommen. Unter anderem betreffend das Verbot der Herstellung, Einfuhr und Ausfuhr von mit Quecksilber versetzten Produkten sowie die Verwendung Quecksilber(verbindungen) und unrechtmäßige Behandlung von Quecksilberabfällen (aus Minamata-Übereinkommen); das Verbot der Produktion, Verwendung und Behandlung bestimmter Chemikalien aus dem Stockholmer Übereinkommen.
Die zu beachtenden Menschenrechts- und Umweltabkommen und geschützten Rechtspositionen sind insgesamt umfassender als die des LkSG.
Entwicklung und Fazit: Vor dem Hintergrund von viel Kritik wurde der Geltungsbereich der CSDDD deutlich reduziert. Im ursprünglichen Entwurf war eine Untergrenze von 500 Mitarbeitern und einem Jahresnettoumsatz von 150 Millionen Euro vorgesehen. Durch die Reduktion fallen deutlich weniger Unternehmen in den Geltungsbereich der CSDDD (in Deutschland ca. 1500).
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Großunternehmen, die die Schwellenwerte des Geltungsbereichs nicht erreichen, können jedoch indirekt von den Anforderungen der CSDDD betroffen sein, da diese eine Betrachtung der gesamten Aktivitätskette fordert. Diese schließt bestimmte Tätigkeiten vorgelagerter und nachgelagerter Geschäftspartner mit ein. In den Begriffsbestimmungen in Artikel 3 wird klar definiert welche Tätigkeiten der Aktivitätskette betrachtet werden müssen.
Unternehmen sollten sich zeitnah mit den Anforderungen der CSDDD auseinandersetzen und ggfs. erforderliche Maßnahmen identifizieren und umsetzen. Unternehmen im Geltungsbereich der CSDDD, die zur Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der CSRD verpflichtet sind, sollten zudem prüfen, welche Anforderungen nach der CSDDD bereits durch die vorgenannte Berichterstattung abgedeckt sind.
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Linda Hosse
M.Sc. Biologie, CertLex AG
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Frau Hosse ist seit 2021 für die Certlex AG am Standort Hamburg tätig. Neben ihren Tätigkeiten im Content- und Customer Management ist Frau Hosse hauptverantwortlich für die Erstellung von Sachtexten zu aktuellen Rechtsthemen für Marketingzwecke und den Newsletter der CertLex AG. Zudem ist sie zertifizierte Nachhaltigkeitsmanagerin. In Bezug auf die Rechtsquellenerläuterung liegt ihr Schwerpunkt im Bereich Umweltschutz und Nachhaltigkeit.